Buchpräsentation: Fotograf Gerd Schwetasch
06.11.10
Buchpräsentation: "Südhessen Morgen"- Fotograf Gerd Schwetasch zeigt "Viernheim durch meine Linse" / Entwicklung vom Dorf zur Stadt dokumentiert Magische Momente der Nachkriegszeit Von unserem Redaktionsmitglied Wolfram Köhler Viernheim. Das junge Mädchen scheint zu schweben. Ein Lufthauch erfasst ihre dunklen Haare und den karierten Rock. Der Blick ist konzentriert. Beobachtet wird das Kind beim Seilspringen von zwei Kameradinnen - und einer älteren Dame, die im Hintergrund auftaucht. Es ist eine typische Straßenszene der Nachkriegszeit. Im Bild festgehalten hat sie - wie viele andere - Fotograf Gerd Schwetasch. Seit gestern zeigt der langjährige Mitarbeiter des Mannheimer und Südhessen Morgen "Viernheim durch meine Linse". So der Titel seines neuen Buches, das in knapp 150 faszinierenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen die sechziger und siebziger Jahre beleuchtet. Erhältlich ist das Werk im örtlichen Buchhandel. Besondere Schärfe Dass es sich dabei um Kunst - und eben nicht reines Handwerk - handelt, wie Schwetasch in seiner ihm eigenen Bescheidenheit gerne betont, steht außer Frage. Schließlich widerspricht ihm auch seine Frau Linde ausnahmsweise, als sie die druckfrischen Seiten erstmals durchblättert: Die Zelluloid-Fotografien der damaligen Zeit seien in Schärfe und Ausdruck schon "etwas ganz Besonderes". Als außergewöhnlich erweist sich bereits das erste Kapitel "Alltag", in dem der nunmehr 71-jährige Pressefotograf die Entwicklungen der Wirtschaftswunder-Jahre beschreibt. Erfolge in Sport und Kultur fördern das Selbstbewusstsein der Bevölkerung, der Überlebenskampf weicht zunehmender Lebensfreude. Während der Nachwuchs die Straßen einer etwas heileren Welt erobert, stammt die Technik bisweilen noch aus früheren Tagen: Bei Abtransport des Jauchefasses, Getränkelieferung oder Waldarbeit leisten schwere Pferde gute Dienste. Zu sehen sind darüber hinaus Ringer, Stammtischbrüder, Fröbelschüler beim Start in die Ferien - und ein ausgebüchstes Schwein.
Aussagekräftige "Köpfe" stammen von Pater Leppich, Schwester Paterna oder dem Zimmermeister Karl Fischer, der gerade den Pinsel schwingt. Als umschwärmter Stargast erweist sich kein Geringerer als Rudi Carell. Unter die Kategorie "historisch wertvoll" fällt auch die Rubrik "Stadtbild im Wandel": Altes und neues Rathaus stehen nur vorübergehend einträchtig nebeneinander. Die Abrissbirne setzt dem Ratskeller zu, Baustellen kündigen Bürgerhaus und Albertus-Magnus-Schule an. Das bereits existierende Waldschwimmbad sowie das RNZ demonstrieren eindrucksvoll, dass sich Viernheim vom landwirtschaftlich geprägten Dorf zur Stadt gemausert hat. Den Anstoß zu Gerd Schwetaschs erstem Buch gab Bürgermeister Matthias Baaß bei einer Ausstellung zum 70. Geburtstag des Fotografen im Kunsthaus. Folglich würdigt das Stadtoberhaupt in einem Vorwort den "Meister der Linse", der sich im ermüdenden Tagesgeschäft der Pressearbeit stets den Blick für das besondere Motiv bewahrt habe. "Ein verschmitztes Lächeln, die Kamera in der Hand, die Fototasche über der Schulter und professionelle Bilder im Kasten: Das sind seine Markenzeichen", schreibt Baaß. Gespür für Stimmungen Nach Einschätzung Gerhard Mandels, Redaktionsleiter von SWR 4 Kurpfalz-Radio in Mannheim, verdient das Buch "Beachtung, weil es nicht einfach ,Früher` festhält, sondern inhaltlich wie handwerklich Grautöne erarbeitet. Es sind Meisterwerke, die dem Betrachter jede Menge Gefühl aus dieser Zeit vermitteln, entstanden mit dem sicheren Gespür für Stimmungen und im Ergebnis ein wertvolles Zeitdokument". Der Radiojournalist, der die Texte zum Bildband beigesteuert hat, setzt sich in seiner Einführung mit der visuellen Informationsverarbeitung auseinander. Er selbst verzichte ganz bewusst auf lange Sätze, erklärt Mandel, denn: "Ein gutes Bild sagt mehr als tausend Worte." Südhessen Morgen 6. November 2010 Autor: Gerd Schwetasch Buchtitel: Viernheim durch meine Linse
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