Initiative für Beschäftigung der Metropolregion Rhein-Neckar
24.05.05
Viel erreicht, aber auch noch viel zu tun
Wie der Arbeitskreis "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" die Metropolregion Rhein-Neckar auf die neue Familienfreundlichkeit einschwören will
"In den Köpfen ist es jetzt drin", sagt Barbara Waldkirch: "Eine Region kann im Wettlauf um die klügsten Köpfe nur gewinnen, wenn sie es den Menschen ermöglicht, Beruf und Familie zu vereinbaren." Dass diese Erkenntnis endlich in das Bewusstsein von Entscheidern in Politik und Wirtschaft gelangt ist, bezeichnet Waldkirch als wichtigen Erfolg ihres Arbeitskreises. Die Verlagschefin und Vizepräsidentin der IHK Rhein-Neckar ist Sprecherin des Arbeitskreises "Vereinbarkeit von Familie und Beruf", der bei der Initiative für Beschäftigung im Rhein-Neckar-Dreieck angesiedelt ist. Seit zwei Jahren konzentriert sich der Arbeitskreis auf das Problem der fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder. Denn dieser Mangel ist der Hauptgrund dafür, dass junge Eltern, meist sind es die Mütter, nach der Babypause nicht den schnellen Wiedereinstieg in den Job schaffen.
Frauen mit einem Durchschnittsverdienst stellen schnell fest, dass es sich kaum lohnt, wieder zu arbeiten, wenn gleichzeitig eine Tagesmutter bezahlt werden muss, erklärt Andrea Kiefer, IHK-Sprecherin und Stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises. Diese Frauen sind also auf erschwingliche Hortplätze angewiesen. Junge Mütter in Spitzenpositionen wiederum können sich eine teurere Kinderbetreuung, aber keine längere Elternzeit leisten und suchen deshalb händeringend nach einer gut ausgebildeten Tagesmutter. Neue Hortplätze und die Qualifizierung von Tagesmüttern stehen also ganz oben auf der Prioritätenliste.
Und da habe man einiges erreicht, sind sich Kiefer und Waldkirch einig. Zum Beispiel, dass der Heidelberger SRH-Konzern jetzt ein deutschlandweit einmaliges Projekt zur stufenweisen Qualifizierung von Tageseltern anbietet, das am Ende den Teilnehmern die Gründung eines eigenen Unternehmens in diesem Bereich ermöglicht. Zu diesem Thema ist im November auch ein Kongress geplant.
Ein weiterer wichtiger Erfolg: "Viele Unternehmen haben erkannt, dass es sich für sie rechnet, wenn sie ihre Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung unterstützen und sind aktiv geworden", sagt Waldkirch. "Aber jede Firma hat einen anderen Bedarf und braucht ein individuelles Modell", erklärt Kiefer. Ein eigener Kinderhort muss nicht immer die Lösung sein. Einige Unternehmen haben zum Beispiel ein Kontingent von Betreuungsplätzen bei Einrichtungen öffentlicher Träger "gekauft" oder bieten den Mitarbeitern einen Vermittlungsservice für Tagesmütter oder Hilfe bei der Ferienbetreuung an. Um die unterschiedlichen Bedürfnisse zu erfüllen, hat der Arbeitskreis haufenweise Know-How angesammelt und ein Netzwerk geknüpft. Schließlich lassen sich bereits erfolgreich praktizierte Modelle aus anderen Unternehmen zumindest als einzelne Bausteine kopieren und müssen nicht komplett neu erfunden werden. So sieht denn auch Kiefer die mühsam gefüllten Datenbanken (www.rhein-neckar.ihk24.de/vereinbarkeit) als wertvolle Basis, um die Firmen im der Metropolregion Rhein Neckar zu unterstützen.
"Aber es gibt noch viel zu tun, schließlich wollen wir bis 2015 die familienfreundlichste Region in Deutschland werden", betont Waldkirch. So sei noch kein einziges Unternehmen in der Region als "familienfreundlich" zertifiziert, ein Etikett, das ja auch dem eigenen Image zugute käme. Kiefer sieht außerdem die Kommunen in der Pflicht, die sich nach ihrer Überzeugung viel mehr als Dienstleister von Eltern und Unternehmen sehen müssten. Häufig hätten die Anforderungen der Unternehmen an die Betreuungs-Dienstleister wenig mit der Realität in kommunalen Einrichungen zu tun.
Hier wünscht sich Kiefer mehr Offenheit auf kommunaler Ebene. Schließlich könne die Kooperation mit der Wirtschaft gleichzeitig neue Finanzierungswege eröffnen. Mit der "Vorzeigekommune" Heidelberg, die eine Betreuungsquote von 15 Prozent bei unter Dreijährigen vorweist, kann sich derzeit noch keine andere Gemeinde in der Region messen. Mannheim komme bei dieser Quote gerade mal auf die Hälfte, konstatiert Kiefer für die Quadratestadt erheblichen Nachholbedarf.
Ein wichtiges Ziel für die ganze Region: Die Kommunen, so Kiefer, müssten dazu bewegt werden, künftig überflüssige Kindergartenplätze nicht abzubauen, sondern in Hortplätze für Kleinere umzuwandeln. Da gilt es vor allem, Stadtkämmerer zu überzeugen, die ja unter massivem Sparzwang stehen.
Auch das Kirchturmdenken muss aufhören, fordert die IHK-Sprecherin. So müssten Gemeinden bereit sein, Hort- und Kindergartenplätze bereitzustellen und zu subventionieren, damit Pendler ihren Nachwuchs in der Nähe des Arbeitsplatzes unterbringen könnten. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Standortfaktor, der zunehmend wichtiger wird, darin sind sich Kiefer und Waldkirch einig.
Was die Metropolregion Rhein-Neckar den Familien alles zu bieten hat, will der Arbeitskreis in einer Broschüre aufzeigen. Dafür werden noch großzügige Sponsoren aus der Wirtschaft gesucht.
Mannheimer Morgen
24. Mai 2005
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