Gottes Paradiesvögel

Leseprobe

Vom Ende zum Beginn

Nun bin ich wieder zuhause, hatte noch nicht wirklich Zeit, mich in meinen Alltag wieder einzufinden. Noch keine Zeit, meine Gedanken und Gefühle, mein Erleben und meine Erlebnisse wirklich zu sortieren. Bin seltsam wortkarg, wenn ich nach dieser zweiten Pilgerreise gefragt werde. Weiß nicht, was ich berichten, wo ich anfangen soll. Zu unterschiedlich war diese Zeit, dieser Weg. Erinnere mich, wie übersprudelnd ich von meinem ersten Weg erzählt habe, nicht nur Tage oder Wochen, sondern noch jahrelang bis zu meinem erneuten Aufbruch. Mit ungebrochener Begeisterung und Sehnsucht nach dieser Zeit. Diese Freiheit wollte ich wiederfinden, diesen Gleichklang, dieses Lächeln der Seele und diese spirituellen Empfindungen. 

Ich war wie ein unbeschriebenes Blatt auf diesem ersten Weg. Alles erlebte ich zum ersten Mal. Ich erwartete nichts und bekam so viel geschenkt. Ich war offen, neugierig und bereit für das Neue und Unbekannte. Habe Widrigkeiten, Schmerzen und schlechtes Wetter erduldet, freute mich an der Kraft und Zähigkeit meines Körpers, fügte mich dem Weg und seinen Ansprüchen, war selbst anspruchslos und dankbar für jeden sonnigen Tag, begeisterte mich an jeder schönen Aussicht und jedem glücklichen Gefühl. Die Intensität dieser Zeit brannte sich mit allen Einzelheiten in meine Erinnerung. Je mehr ich darüber erzählte und schrieb, umso mehr wuchs der Wunsch, dies noch einmal zu erleben.

Ein wenig begangener Weg sollte es sein, ganz alleine wollte ich pilgern, mich den Herausforderungen auf dem Weg zu mir und nach Santiago stellen. Die Abenteuerlust überwog die spirituelle Sehnsucht, und so entschied ich mich für den erst 2008 wieder rekonstruierten Camino „Via Lusitana“, der von der Algarve in Südportugal parallel zur spanischen Grenze nach Norden über die spanische Stadt Ourense bis nach Santiago de Compostela führen sollte. Ein Pionierweg, selten begangen, ohne die auf den bekannteren Wegen vorhandenen Markierungen und ohne die in Spanien üblichen Herbergen. Anders als auf meiner ersten Reise beschäftigte ich mich bereits zuhause mit den möglichen Etappen. Die eingeschränkten Übernachtungsmöglichkeiten machten genauere Planungen erforderlich. Einige wenige Male würde ich auf Bus oder Taxi zurückgreifen müssen, um eine Pension zu erreichen, und am nächsten Tag zu meinem Endpunkt zurückkehren, um die Etappe abzuschließen. Das war zwar lästig, aber unvermeidlich, wollte ich nicht in einem Zelt oder unter freiem Himmel schlafen. Der einzige Wanderführer für diesen Weg stammte aus dem Jahr 2009 und war damit alles andere als aktuell, also druckte ich mir über 80 Seiten der vom Verlag zur Verfügung gestellten Updates aus, um auf dem neuesten Stand zu sein. Ein GPS wollte ich nicht mitnehmen. Ich vertraute den Wegbeschreibungen, meinem Orientierungssinn und meinem Bauchgefühl. 

Ab Ourense würde ich dann den Pilgerführer für den Camino „Via de la Plata“ benutzen, der von Sevilla ausgehend, fast parallel auf der spanischen Seite nach Norden führt. 

Mehr aus Versehen wählte ich die Anreise über Lissabon, die bei meinen Recherchen irgendwo als Möglichkeit erwähnt war. Erdkunde war noch nie meine Stärke und der große Weltatlas das Schulbuch, das ich am seltensten in die Hand genommen hatte. Lissabon wollte ich gern kennenlernen, hatten mich Filme und Bücher auf diese Stadt doch neugierig gemacht. In meiner Vorstellung lag diese „Perle am Meer“ an der Algarve im Süden Portugals. Wenige Wochen vor meiner Abreise stellte ich dann fest, dass Lissabon zwar am Meer, aber doch sehr deutlich an der Westküste lag und mehrere Stunden Busfahrt bis zu meinem eigentlichen Startpunkt notwendig waren. Mein Weg begann in Vila Real de San Antonio, ganz im Süden Portugals am Grenzfluss „Guidiana“ gelegen, in Sichtweite des spanischen Ufers. Ungefähr 200 Kilometer wanderte ich von da an nach Norden in Richtung Santiago, erlebte und erlitt diesen Weg, wanderte, schlug mich durch, erkämpfte mir jedes Tagesziel ohne jemals das Gefühl zu haben, auf einer Pilgerreise zu sein. Durch die anhaltend schwierige Wirtschaftslage in Portugal hatten von den sowieso schon wenigen Pensionen und Übernachtungsmöglichkeiten am Weg einige geschlossen und mehrmals war ich gezwungen, bis zur nächsten Stadt zu fahren. Aber auch dies gestaltete sich schwierig. Busse fuhren generell nur an Werktagen und meist zu Schulzeiten. Per Taxi musste ich viele Kilometer auf Nationalstraßen zurücklegen. Diese und die Autobahn bildeten den einzigen Korridor durch riesige eingezäunte Ländereien von Großgrundbesitzern. Auf der Höhe von Éstremoz schließlich entschied ich mich, das Abenteuer Portugal abzuschließen und nach Mérida auf die nur 100 Kilometer entfernte, parallel verlaufende Via de la Plata in Spanien überzuwechseln. Hier endlich pilgerte ich bis nach Granja de Moreruela und dann über den Camino Sanabres bis nach Santiago de Compostela, wo ich nach sieben Wochen und 1000 Kilometer eintraf. Ich wanderte weiter bis nach Fisterra und beendete dort am Strand beim Sonnenuntergang meinen Pilgerweg. 

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