Manfred David

Leseprobe

Nationaltheater Mannheim

.... Durch seinen Einsatz als Intendant, Schauspieler und Regisseur geriet Ernst Dietz ins Kreuzfeuer der Feuilletonisten, die seine Arbeit immer stärker kritisierten. So war es verständlich, dass ich schliesslich Oberbürgermeister Dr. Reschke vorschlug, den Vertrag von Ernst Dietz nicht zu verlängern, zumal am politischen Horizont Wolken sichtbar wurden, die das Theater bis in die Grundfesten erschüttern sollten. Besonders die Mitglieder des Schauspiel-Ensembles forderten die Einführung der Mitbestimmung: die Hegemonie der Regisseure und Dramaturgen sollte zu Gunsten eines Direktoriums oder Regiegremiums abgeschafft werden. „Weg von den „Klassikern“, hin zu zeitgenössischen Stücken!“ lautete eine weitere Devise. Rote Fahnen wurden auch im Nationaltheater geschwungen, Protestschreiben vor den Aufführungen verlesen, man verlangte „ein neues Theater“, gleichgültig ob das Publikum dies wünschte oder nicht. Ernst Dietz war hier überfordert und ich schlug Dr. Michael Hampe aus Heidelberg zum Intendanten vor, der reiche Erfahrungen aus seiner Tätigkeit als Regisseur, Dramaturg und Schauspieler an verschiedenen Theatern mitbrachte. Kenntnisreich und umfassend gebildet, hatte man den Eindruck, dass er am ehesten den „Systemveränderern“ im Theater Paroli bieten konnte.

Doch zunächst galt es, Ernst Dietz zu verabschieden und wenn möglich, ihm beim Suchen einer neuen Position behilflich zu sein. Dazu war die Stadt nicht verpflichtet, aber schließlich hatte er neun Jahre ihr Nationaltheater geleitet. Die Intendanz in St. Gallen/Schweiz stand zu Disposition, und die Theaterkommission von St. Gallen besuchte Mannheim, um mit dem Bewerber und dem Rechtsträger des Theaters zu sprechen, also der Stadt. Mir fiel die Aufgabe zu, das Gespräch zu führen. Vor mir saß die Kommission aus Apothekern, Anwälten, Ärzten, stockkonservativ und misstrauisch dazu.

Als ich Ernst Dietz über den grünen Klee lobte, kam die entscheidende Frage: „Herr Bürgermeister, wenn Sie Herrn Dietz so sehr schätzen, warum verlängern Sie seinen Vertrag nicht?“ Worauf ich erwiderte: „Dietz ist von Natur aus konservativ eingestellt, ihm geht „Werktreue“ über alles. Hier in Mannheim bahnt sich eine Veränderung des Systems an, die der Intendant nicht toleriert.“ „Dann ist er unser Mann in der Schweiz, wir engagieren ihn.“ .....


SPORT

.... Da gerade vom Eissport die Rede ist, so erinnere ich mich gern an den Bau des Eissportzentrums Herzogenried, sehnlichst erwartet von Eishockeyspielern und Eiskunstläufern. Bei dem 20 Millionen-DM-Objekt, das zu zwei Dritteln von der Stadt und zu einem Drittel vom Bund und Land finanziert wurde, war eines wichtig: Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) musste gegenüber dem Bundesinnenministerium in Bonn erklären, dass Mannheim nach Oberstdorf die höchste Priorität habe. Unser Mann in der DEU war Eugen Romminger, Vorsitzender der Eiskunstlaufabteilung des MERC. Er war gefürchtet wegen seiner unnachgiebigen Haltung, konnte Angst und Schrecken verbreiten. Als Schatzmeister der DEU schaffte er es, Mannheim in der Prioritätenliste nach oben zu bringen.

Geldgeber in Bonn war der damalige Innenminister Gerhart Baum (FDP), mit dem ich die Korrespondenz führte. Seit 1971 diskutierten wir in Mannheim dieses Vorhaben, aber erst am 30. Dezember 1978 bekam ich die Gewissheit, dass es klappen könnte. Innenminister Baum war als Sportminister der Bundesrepublik zur Skiflug-Woche nach Oberstdorf gereist. Informanten berichteten mir, dass er dort sicher gut zu erreichen sei. Also fuhr ich ebenfalls zu diesem internationalen Ereignis und konnte beim Skispringen den Innenminister überzeugen, dass nun endlich Mannheim finanziert werden müsste. ....

.... Zu einem Kuriosum besonderer Art entwickelte sich die Frage eines bundesligatauglichen Fussballstadions für den SV Waldhof-Mannheim 07 oder besser gesagt, für die Stadt Mannheim insgesamt. Dieses Projekt tauchte immer von neuem auf wie das Ungeheuer im schottischen See Loch Ness, das jeder gesehen haben wollte, besonders in der pressearmen Jahreszeit. Vor dem Aufstieg in die Bundesliga war ein Neubau bei den knappen Kassen unserer Stadt aber politisch nicht durchsetzbar. 1983 schaffte es der Verein auf dem Fundament seiner guten Jugendarbeit nun tatsächlich in die Erste Bundesliga. Für einen Bundesliga-Spielbetrieb war das 1929 erbaute Rhein-Neckar-Stadion am Luisenpark ebenso wenig geeignet wie das alte Waldhof-Stadion am Alsenweg. Es musste also gebaut werden, aber wo? Ich schlug damals im Einvernehmen mit dem DFB in Frankfurt vor, das Rhein-Neckar-Stadion ....

.... Die größte Freude als „Sportbürgermeister“ bereitete mir die Erarbeitung eines Konzepts zur Förderung der Leibesübungen im Rahmen der 140 Mannheimer Sportvereine, die „Sportförderungsrichtlinien“. Das geschah schon 1968, eineinhalb Jahre nach meinem Dienstantritt. Bis dahin verfügten weder Stadt noch Vereine über derartige Richtlinien. Oberamtmann Alfons Graf, Vater von Peter Graf und Großvater von Steffi Graf, war damals Leiter des Sportamts und hatte die Aufgabe, einschlägige Vorlagen zu suchen und zu sichten, die wir zur Grundlage unserer Förderungskonzeption machen konnten, zum Beispiel die „Leitsätze für die kommunale Sportpflege“, den „Goldenen Plan des Deutschen Sports“ sowie die vom Deutschen Sportbund erlassene „Charta des Deutschen Sports“.

Wir suchten die enge Partnerschaft mit den Trägern der Sportbewegung, weil wir erkannten, dass eine Förderung und Unterstützung aus öffentlichen Mitteln unumgänglich wurde. Durch gleichmäßige, gerechte und überschaubare Verteilung der Fördermittel wollten wir die Vereine in die Lage versetzen, über längere Zeiträume hinweg zu disponieren, um die Zuschüsse optimal einzusetzen.

Unsere Sportförderungsrichtlinien wurden vom Deutschen Städtetag und den Kommunen stark abgefragt und dienten anderen Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland als Vorbild für ihre eigene Arbeit. ....


Alte Hauptfeuerwache

Die erfolgreiche Bürgerbewegung zur Rettung der Alten Hauptfeuerwache, organisiert von ihrem Wortführer Peter Schulz, hatte 1975-1978 die von Oberbürgermeister Dr. Ratzel angestrebte Neckarufer-Nord-Bebauung aus einem Guß verhindert. Man muss ihm jedoch bescheinigen, dass er diese Tatsache akzeptierte und die Vorlage zu einer alternativen Nutzung der Hauptfeuerwache ohne Zögern abzeichnete, das heisst das Raumprogramm, ebenso wie der spätere Oberbürgermeister Wilhelm Varnholt mit mir dann das detaillierte Nutzungskonzept unterschrieb.

Dieses trug im wesentlichen die Handschrift von Dr. Siegfried Gerth, Kulturamtsleiter 1972-1985, von Hause aus Geophysiker (Ozeanographie, Meteorologie), im Zweitstudium Musiker und Musikpädagoge. Sein Kulturamt hatte ein großes Pensum zu absolvieren, um die unterschiedlichen Interessenslagen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. So „revolutionär“ man sich auch geben mochte, die erste Geige wollte am liebsten jeder selber spielen.

Das Gebäude verfügte über 4250 m2. Darin fanden bequem das Kinder- und Jugendtheater Schnawwl, die Musikwerkstatt und der Berufsverband Bildender Künstler mit seinen Werkstätten Unterkunft. Eine Galerie bot sich an für Ausstellungen, Lesungen, Kammermusikveranstaltungen und Vorträge. Atelierräume für in- und ausländische Künstler sorgten dafür, dass diese Gruppe unbeschwert ihren Neigungen bzw. ihrem Beruf nachgehen konnte. Schriftstellern, denen die Stadt Mannheim ein Stipendium gewährte, stand eine Turmwohnung zur Verfügung. Wenn man so will, wurde dieses Haus zu einem Mittelpunkt der im freien Kulturbereich tätigen Musiker, bildenden Künstler und Schauspieler — ein großer Erfolg, der wesentlich zur Bereicherung der Kulturszene in unserer Stadt beiträgt. Ich bin froh, dass es diese Einrichtung noch heute gibt, wenngleich mit anderen Arbeitsschwerpunkten.

Das Jahr 1981, in dem die Alte Hauptfeuerwache ihrer Bestimmung übergeben wurde, bildete so einen Höhepunkt der freien, das heisst nicht institutionell gebundenen Kulturarbeit in Mannheim. Man muss schon weit in Deutschland herumfahren, um etwas Gleichwertiges zu sehen.

Dem Architekten Andreas Plattner war mit dem Umbau ein großer Wurf gelungen, was die Interessensgemeinschaft Mannheimer Künstler, der Berufsverband Bildender Künstler, das Kinder- und Jugendtheater Schnawwl, der Tonkünstlerverband und die Musikwerkstatt am 8. und 9. Mai 1981 ausdrücklich bestätigten. ....

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